Lehren und Lernen in der KI-Ära
Früher standen Dozenten vor einer Gruppe junger Menschen mit Notizblock und Stift. Heute? Blicke ich in eine Wand aus Laptops – und, wenn man genau hinhört, auch in eine Klasse mit Co-Piloten. Manche davon heißen ChatGPT, Claude oder Perplexity.
Ich unterrichte an der DHBW Heilbronn zu Packaging und Packaging Design – und enorm, wie schnell und umfassend die KI in die Hochschulen eingezogen ist. … Was ist aber wirklich neu durch den Einsatz von KI-Tools– und was war schon immer so?
Meine Erkenntnis: Die Grundlagen sind dieselben geblieben.
Denn wissenschaftliches Arbeiten bedeutete schon immer:
1. Quellen kritisch hinterfragen – früher das Buch aus der Bibliothek, heute den KI-Output
2. Evidenz von Behauptungen trennen – egal ob die Information aus Wikipedia oder ChatGPT kommt
3. Logische Schlüsse ziehen – und dabei den eigenen Kopf einschalten
4. Komplexität aushalten – es gab noch nie einfache Antworten auf komplexe Fragen
Studierende, die früher unreflektiert aus Büchern abgeschrieben haben, machen das heute eben mit KI. Das Phänomen ist nicht neu – die Werkzeuge haben sich geändert und bekanntlich blieb beim Abschreiben dann doch was hängen (weiß ich aus eigener Erfahrung …)
Was wirklich anders ist: Tempo!!!
Die Herausforderung liegt nicht darin, dass wir plötzlich „betreutes Prompten“ etablieren müssen.
Die Herausforderung liegt darin, dass scheinbare „Lösungen“ schneller verfügbar sind denn je. Umso wichtiger wird: Innehalten. Reflektieren. Hinterfragen.
Die spannende Frage bleibt: Wie vermitteln wir zeitlose Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens in einer Welt, die immer schneller wird? Und uns manchmal überholt. Das ist die Herausforderung – für Lehrende und Studierende gleichermaßen.
Meine Beobachtung: Die Studierenden nutzen KI als das, was es ist – ein Werkzeug. Sie wissen aber auch, wann sie es beiseite legen und selbst denken müssen. Die Chance, eigene Ideen zu visualisieren, schnell in konkrete statt abstrakte Antworten einzutauchen und an der Diskussion der Ergebnisse selbst zu lernen, sind enorm.
Ich kann aber nur eins sagen: Ich hätte gerne an und mit so wirkungsmächtigen Tools gelernt – ein bisschen neidisch bin ich schon.
von Geoffrey Hildbrand